Elektroautos: Batterie-Recycling fĂĽr mehr Nachhaltigkeit

Die Akkus von E-Autos sind in der Herstellung energie- und ressourcenintensiv. Deshalb ist ihr Recycling wichtig. Die Aufgabe wird vor allem ab den 2030er-Jahren relevant. Auch Schweizer Unternehmen wollen mitmischen.

01.07.2024

  • Nachhaltigkeit

Warum ist das Recycling von Elektroautobatterien wichtig?

Wenn immer mehr Menschen mit E-Fahrzeugen unterwegs sind, dann gibt es in Zukunft auch immer mehr Elektroautos. Diese müssen am Ende ihres Lebens verschrottet werden. Wohin dann mit deren Lithium-Ionen-Batterien? Da die Elektromobilität die Chance zu mehr Nachhaltigkeit im Verkehr eröffnet, ist Wegwerfen keine Lösung. Denn die Herstellung von E-Autobatterien ist besonders rohstoff- und energieintensiv. Zudem stammen diverse Rohstoffe, etwa Kobalt, aus Ländern mit zweifelhaften Sozialstandards. Nicht zuletzt ist gerade Europa bei vielen Rohstoffen von einigen wenigen Ländern abhängig. Der Ausweg für all diese Probleme ist das Recycling: Es schont Ressourcen und reduziert Abhängigkeiten.

Das Recycling der E-Autobatterien muss in grossem Massstab geschehen. Eine Studie im Auftrag des Bundesamts fĂĽr Energie aus dem Jahr 2023 besagt, dass bereits bis zum Jahr 2030 die weltweite Produktion von Lithium-Ionen-Batterien um das Sechs- bis Zehnfache steigt. Die Rede ist dann von einem Kapazitätsbedarf in der Grössenordnung von mehreren Terawattstunden – von mehreren Milliarden Kilowattstunden. Pro Jahr! Mit einer Terawattstunde Produktionskapazität lassen sich rund 15 Millionen Elektro-Personenwagen mit Batterien ausstatten.

Wie lange hält ein E-Auto-Akku?

Ein E-Auto-Akku sollte mindestens acht Jahre oder 160’000 Kilometer halten. Die meisten Hersteller von Elektrofahrzeugen garantieren, dass ihre Lithium-Ionen-Batterien dann noch mindestens 70 Prozent Kapazität haben. Bei manchen Anbietern fällt die Garantie sogar noch höher aus. Wie lange eine E-Auto-Batterie letztlich hält, hängt von vielen Faktoren ab. Zum Beispiel:

  • vom Fahrstil
  • von den typischen Aussentemperaturen
  • von der Art des Ladens


Dass die Antriebsbatterien lange halten und ziemlich verlässlich sind, zeigen inzwischen praktische Erfahrungen. Beispiele sind die Langzeittests des ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club) mit dem BMW i3, dem Nissan Leaf und dem Renault Zoe. Und Renault hat 2022 die eigenen Erfahrungen mit den Lithium-Ionen-Akkus des Zoe E-Tech veröffentlicht: 99 Prozent aller seit Marktstart 2013 eingesetzten Akkus waren noch voll funktionsfähig und wiesen mindestens 70 Prozent der Anfangskapazität auf.

Was ist das Second Life eines E-Auto-Akkus?

Im Second Life lassen sich alte E-Auto-Akkus als stationäre Pufferspeicher im Stromnetz einsetzen. Relevant wird das, wenn ein Lithium-Ionen-Akku so weit gealtert ist, dass die Reichweite des Fahrzeugs inakzeptabel sinkt.

Da die Energieversorgung zum Schutz des Klimas nachhaltiger werden muss, steigt der Anteil an erneuerbaren Energien. Diese Entwicklung ist weltweit festzustellen. Vor allem Wind- und Solarenergie spielen dabei eine wichtige Rolle. Doch der Wind weht nicht immer und die Sonne scheint nicht ständig. Daher mĂĽssen die Energieversorgungsnetze den nachhaltig erzeugten Strom, der momentan nicht benötigt wird, zwischenspeichern können.

FĂĽr solche stationären Energiespeicher sind ausgediente Elektro-Autobatterien prädestiniert. Die Akkus werden dabei viel schonender behandelt, als das im Auto möglich ist. Es gibt zum Beispiel keine Lastspitzen wie beim Beschleunigen. Inzwischen existieren etliche solcher Second-Life-Speicher, auch in der Schweiz. In vielen Projekten fehlt noch die Langzeiterfahrung. Aber es zeigt sich, dass das Second Life einer Batterie ein ganzes Jahrzehnt dauern könnte. Solche Pufferspeicher aus Second-Life-Batterien lassen sich natĂĽrlich nicht nur unmittelbar in den Energieversorgungsnetzen nutzen, sondern auch lokal: fĂĽr Fabriken, fĂĽr Einfamilienhäuser mit Fotovoltaikanlage oder fĂĽr Ladesäulen.

Wie sieht der Kreislauf einer Elektroautobatterie aus?

Nach ihrem First Life im Elektroauto und ihrem Second Life in Energiespeichern gibt es aus heutiger Sicht für Lithium-Ionen-Batterien kein sinnvolles Einsatzszenario. Was bleibt, ist die Rückgewinnung von Rohstoffen. Diese Akkus enthalten nämlich sehr viele wertvolle Rohstoffe. Sie können dann als Ausgangsbasis für die Herstellung neuer Lithium-Ionen-Batterien dienen. Ziel ist es, möglichst hohe Wiederverwertungsquoten zu erreichen – das ist ökologisch und ökonomisch sinnvoll.

Welche Rohstoffe enthält eine Elektroautobatterie?

In jeder Lithium-Ionen-Traktionsbatterie stecken zig Kilogramm an Metallen. Die genauen Anteile hängen von der verwendeten Zellchemie ab. Sie haben sich im Laufe der Jahre verändert und werden sich weiter verändern, weil die Batteriezellen-Entwicklung rasch voranschreitet. Energie Schweiz nennt fĂĽr 2020 bei einer Batterie mit 60 kWh Kapazität folgende Werte: 

  • Lithium: fĂĽnf bis sieben Kilogramm 
  • Kobalt: fĂĽnf bis elf Kilogramm 
  • Nickel: 28 bis 39 Kilogramm Nickel 
  • Mangan: fĂĽnf bis 16 Kilogramm 
  • Graphit: 45 bis 53 Kilogramm Graphit
  • Aluminium: 30 bis 35 Kilogramm 
  • Kupfer: 19 bis 20 Kilogramm 
  • Stahl: 19 bis 20 Kilogramm 


Das Material des Batteriegehäuses ist dabei noch nicht berücksichtigt. Bei anderen Zellchemien, zum Beispiel bei den an Bedeutung gewinnenden Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus (LFP-Akkus), fehlen manche der genannten Rohstoffe, dafür kommen andere hinzu, etwa Eisen.

Wie gewinnt man Rohstoffe aus Lithium-Ionen-Batterien?

Zunächst mĂĽssen die Batterien in ihre Komponenten zerlegt werden. FĂĽr das Recycling der Rohstoffe gibt es diverse Ansätze. Unternehmen und Forschungseinrichtungen arbeiten zudem an verbesserten Verfahren. Prinzipiell laufen beim Recycling einer E-Autobatterie folgende Schritte ab:

  • Die Entladung des Akkus, aus GrĂĽnden der Sicherheit.
  • Die Demontage der Batterie. Sie besteht aus einem Gehäuse, Elektronik, einem KĂĽhlkreislauf und den eigentlichen Akkuzellen, die womöglich in Gruppen zusammengefasst wiederum in Gehäusen stecken.
  • Mechanische Prozesse wie Schreddern, Sieben oder Sortieren.
  • Im letzten Schritt werden die Rohstoffe chemisch oder thermisch extrahiert. Beim chemischen Ansatz finden zum Beispiel Säuren Verwendung. Beim thermischen Ansatz verbrennt man die Restmasse bei hohen Temperaturen und nutzt die unterschiedlichen Schmelzpunkte der Bestandteile zum Trennen aus.


Gerade das thermische Recycling ist sehr energieintensiv, weshalb Alternativen auf grosses Interesse in der Industrie stossen. Abhängig vom konkreten Verfahren sind heute Recyclingquoten von 30 bis 90 Prozent erreichbar.

Werden in der Schweiz Lithium-Ionen-Autobatterien recycelt?

Nein. Denn das Recycling ist derzeit nicht profitabel, so das Bundesamt fĂĽr Energie. Mit zunehmender Menge wĂĽrden die Recyclingkosten aufgrund von Skaleneffekten aber sinken. Eine jĂĽngst veröffentlichte Untersuchung der Beratungsfirma Strategy& kommt etwa zum Schluss, dass das Batterie-Recycling in der EU bereits vor 2035 ein rentables Geschäft sein dĂĽrfte. Es geht also derzeit weniger darum, die Ersten zu sein, sondern rechtzeitig bereit zu sein.

Die Vereinigung Schweizer Autoimporteure, Auto-Schweiz, bereitet sich darauf vor. Ein erster Schritt war die GrĂĽndung der Genossenschaft Sestorec. Ihr gehören Mitglieder von Auto-Schweiz, aber auch Importeure und weitere Automobilhersteller an. So soll eine Branchenlösung fĂĽr die Schweiz entstehen. Weltweit arbeiten die Automobil- und Recyclingindustrie gemeinsam an Konzepten fĂĽr möglichst geschlossene Kreisläufe bei E-Autobatterien. 

Auch viele Start-ups sind entstanden. Einschlägige Projekte befinden sich oft noch in einem frĂĽhen Stadium. Derzeit verarbeiten Recyclingfirmen vor allem Zellen aus Abfällen, die bei der Batterieproduktion entstehen. In weit geringerem Masse gibt es Akkus aus Unfallfahrzeugen oder im Rahmen von Garantiefällen zu recyceln.

Das sind die Schweizer Unternehmen, die Batterien recyceln (wollen)

Batrec, Spezialist für gefährliche Industrieabfälle, recycelt schon lange alle Arten von Akkus. Bislang stammen die Batterien noch kaum aus dem jungen Markt für Elektroautos.

Kyburz ist vor allem bekannt fĂĽr seine dreirädrigen Post-Elektroroller. FĂĽr deren Batterien hat das Unternehmen einen energetisch gĂĽnstigen Recyclingprozess etabliert. RĂĽckgewinnungsquoten ĂĽber 90 Prozent sind möglich. Allerdings eignet sich das Verfahren bislang nur fĂĽr die Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus von Kyburz. Zusammen mit der Forschungseinrichtung Empa und weiteren Projektpartnern will das Unternehmen nun sein Verfahren auf Lithium-Ionen-Akkus ĂĽbertragen.

Librec ist ein Start-up, das 2024 mit dem Recycling von Lithium-Ionen-Batterien beginnen will – für die Schweiz und das nahe Ausland. Bevor eine Batterie ins Recycling geht, überprüft das Unternehmen deren Eignung fürs Second Life systematisch.

Welche Entwicklungen sind beim Recycling absehbar?

Neben der Skalierung des Geschäfts als entscheidendem Schritt gibt es weitere Ansatzpunkte fĂĽr ein wirtschaftliches Recycling. So wäre zum Beispiel eine leichtere – und vor allem automatisierbare – Demontage der Batterien ein grosser Wettbewerbsvorteil. 

Veränderte Zellchemien wĂĽrden sich ebenfalls positiv auswirken, weil weniger Materialien involviert wären. Ein Beispiel sind die bereits erwähnten Lithium-Eisen-Phosphat-Batterien, die ohne Kobalt, Nickel und Mangan auskommen. 

Mit Natriumionen-Batterien, deren Praxistauglichkeit für die Elektromobilität derzeit praxisnah erprobt wird, könnte sich die Situation beim Recycling nochmals dramatisch verbessern. Ob das gelingt, ist offen. Stand heute sind Natriumionen-Batterien nicht so leistungsfähig wie Lithium-Ionen-Akkus.

Wie ist die Rechtslage beim Batterierecycling?

Die EU hat in jĂĽngster Zeit ihre Batterieverordnung ĂĽberarbeitet. Demnach ist als Wiederverwertungsquote nicht mehr 50, sondern 90 Prozent vorgeschrieben, später 95 Prozent. Jede neu produzierte Batterie muss einen Anteil an recycelten Rohstoffen enthalten. Dies betrifft zum Beispiel Kobalt, Nickel und Lithium. Der vorgeschriebene Anteil steigt mit der Zeit spezifisch. Zum Beispiel muss der Anteil an recyceltem Kobalt ab 2031 sechs Prozent betragen, ab 2036 26 Prozent. 

Zudem wird es ab 2027 einen verpflichtenden Batteriepass geben, der auch Angaben zur Zusammensetzung und Demontage des Akkus enthält. Der VCS Verkehrs-Club der Schweiz hat vergangenen Herbst in einer Vernehmlassungsantwort gefordert, dass die Schweiz ihr Recycling an die EU-Verordnung anpassen soll. Es brauche in der Schweiz gesetzliche Rahmenbedingungen, damit sich bei Batterien eine Kreislaufwirtschaft etablieren könne.

Wichtig bei allen Recyclingaktivitäten ist, lange Transportwege zu vermeiden. Denn Batterien sind schwer – und würden ansonsten am Ende ihres Lebens nochmals unnötig die Umwelt belasten. Zumindest jede Weltregion wird also mutmasslich ihre eigenen Recyclingkreisläufe aufbauen.

Gehören zu den häufigsten E-Modellen innerhalb der Mobility-Flotte: Der Renault Zoé.

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