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Elektroautos: Ist die Brandgefahr wegen der Batterie erhöht?

27.07.2024

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600 E-Autos sind bei Mobility im Einsatz. Du fragst dich, ob die Brandgefahr grösser ist als bei Verbrennern? Hier erfährst du, weshalb dieses oft gehörte Vorurteil falsch ist – und wie du dich im Fall der Fälle richtig verhältst.

E-Autos geraten nicht häufiger in Brand als Fahrzeuge mit anderen Antriebstechnologien. Das haben in den vergangenen Jahren verschiedene Fachorganisationen wiederholt bestätigt. So stellte etwa der Schweizerische Feuerwehrverband fest, dass Elektrofahrzeuge grundsätzlich nicht gefährlicher als Benzin- oder Dieselfahrzeuge sind. Fast wortgleich äusserte sich auch die Beratungsstelle für Brandverhütung, eine Initiative der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen. Sie attestierte den Elektroautos zudem eine «hohe Sicherheit der Fahrzeugsysteme». 

Das überrascht nicht: Für ein zugelassenes Auto gelten unabhängig von der Antriebsart identische Bestimmungen, die ein Höchstmass an aktiver und passiver Sicherheit vorsehen. Bei den Euro-NCAP-Crashtests schneiden Elektro- und Verbrennerversionen desselben Fahrzeugtyps immer gleich gut ab. Ebenso erhalten viele eigenständige Elektroautomodelle die maximal möglichen fünf Sterne in der Bewertung.

Wie oft brennen Elektroautos und Verbrenner?

Unabhängig von der Antriebsart sind Fahrzeugbrände selten. Der Schweizerische Versicherungsverband erhebt die Fallzahlen nicht separat. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nennt für das Jahr 2022 gut 12‘000 Personenwagen-Schadenfälle, zu denen es durch Brand oder elektrischen Kurzschluss gekommen ist. Wobei der GDV nicht nach Antriebsart unterscheidet. 12‘000 Fälle bei 48,8 Millionen zugelassenen Personenwagen in Deutschland – das ist extrem wenig. Im vergangenen Jahrzehnt sind die Schadenfälle durch Brände laut dem GDV sogar weiter rückläufig – obwohl die Zahl der Elektroautos deutlich gestiegen ist.

Warum machen dann trotzdem immer wieder brennende E-Autos Schlagzeilen? Mutmasslich hat das zwei Gründe: 

  • Einerseits gibt es viel weniger Elektroautos als Verbrenner – und das Exotische, das Neue, bekommt meist eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit. 

  • Andererseits brennen E-Autos recht lange, wenn die Antriebsbatterie einmal Feuer gefangen hat.

Hinzu kommt: Verschiedentlich werden auf Social Media Bilder und Videos von Fahrzeugbränden geteilt und als Beleg für das «Risiko Elektroauto» kommentiert. Bei genauer Recherche entpuppen sich diese als Brände ohne Beteiligung eines Elektroautos.

Wie gut sind E-Autos vor einem Brand geschützt?

Elektroautos sind so gut vor Bränden geschützt wie Verbrenner, sonst hätten sie keine Zulassung bekommen. Wenn ein Elektrofahrzeug brennt, ist die Antriebsbatterie für gewöhnlich nicht die Brandursache. Die grösste Brandlast im Auto entsteht durch Kunststoffe und Reifen. Kunststoffe spielen in modernen Fahrzeugen eine vielfältige Rolle, etwa als Dämmung, Sitzbezüge, Armaturenbrett oder in der Verkleidung. Auch die Reifen sind über die Jahre immer grösser und breiter geworden. Das gilt alles unabhängig davon, ob es sich um ein E-Auto oder einen Verbrenner handelt.

Wie der Kraftstofftank beim Verbrenner ist auch die Antriebsbatterie beim E-Auto in einer crash-sicheren Zone untergebracht. So befindet sich der Tank hinten im unteren Teil des Fahrzeugs. Die Antriebsbatterie steckt im Unterbau des Fahrgestells. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Batterie bei einem Unfall Schaden nimmt. Sie steckt zudem in einem wasserdichten Metallgehäuse.

Bei den Euro-NCAP-Crashtests und bei Crashtests des ADAC (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club) ist noch nie ein Elektroauto in Brand geraten und kein Batteriepack je beschädigt worden. Selbst bei gemeinsamen Crashtests der Prüforganisation Dekra und der Universität Göttingen unter verschärften Testbedingungen kam es zu keinem Brand. Auch wenn die getesteten Autos hinterher ziemlich übel aussahen.

Als Sicherheitsmassnahme unterbrechen Elektroautos bei einem schweren Auffahrunfall automatisch die Stromversorgung zur Antriebsbatterie. Dieser Schutzmechanismus greift zum Beispiel dann, wenn ein Airbag ausgelöst wird. Für Rettungskräfte gibt es «Rettungskarten», welche zeigen, wo die Hochvoltbatterie getrennt werden kann. 

Richtig ist natürlich, dass auch die Antriebsbatterie zu brennen beginnen kann: Wenn ein Fahrzeug in Flammen steht oder der Aufprall so stark war, dass die Antriebsbatterie oder ihr Gehäuse beschädigt worden ist. Dann ist es durchaus möglich, dass eine Hochvoltbatterie mehrere Tage brennen kann.

Fakt ist aber auch: Die meisten Elektroautos auf Schweizer Strassen sind noch recht jung. Die Brandgefahr steigt mit höherem Alter, da die Materialien (besonders Kunststoffe) spröde werden und so Kurzschlüsse eher entstehen könnten. Nicht nur deshalb ist eine regelmässige Wartung wichtig - wie bei einem Verbrennerauto auch.

Wie verhalte ich mich bei einem brennenden E-Auto?

Im Fall der Fälle gelten dieselben Verhaltensregeln wie bei Verbrennern: 

  • Sicherheitsabstand: Du solltest dich möglichst rasch vom Fahrzeug entfernen. Es bleibt dabei jedoch genügend Zeit, verletzte Menschen aus dem Auto zu bergen. 

  • Sichern und alarmieren: Vor allem ist es wichtig, die Unfallstelle zu sichern und die Feuerwehr zu alarmieren. Der Hinweis, dass es sich um ein brennendes Elektrofahrzeug handelt, ist hilfreich, damit die Rettungskräfte entsprechend planen können.

Ob eigene Löschversuche mit einem mitgeführten Pulverlöscher sinnvoll sind, darüber gehen die Meinungen auseinander. Zum Beispiel bei einem Brand im Motorraum. Für gewöhnlich haben Laien damit wenig Erfahrung und die mitgeführten Löschmittelmengen sind zu gering. Auf jeden Fall solltest du dich durch Löschversuche keinem unnötigen Risiko aussetzen. Zum Beispiel ist es wichtig, keine Hochvoltkabel zu berühren – auch nicht indirekt, etwa durch einen Wasserstrahl, weil er Elektrizität leiten kann.

Gut zu wissen: Als Warnhinweis sind alle Hochvoltkabel im Elektrofahrzeug orange ummantelt. Finger weg!

Wie löscht die Feuerwehr ein brennendes E-Auto?

Wie die Feuerwehr vorgeht, hängt vom Ort des Brandes ab. Brennt es zum Beispiel im Motorraum, so wird sie das Feuer dort mit Löschschaum erstickt – genauso wie bei einem Verbrenner. Brennt bereits erkennbar die Antriebsbatterie, hilft nur sehr viel Wasser. Die Feuerwehr löscht mit dem Wasser in der Antriebsbatterie keinen Brand, sondern kühlt diese nur. Dies geschieht so lange, bis die dort infolge der Hitze unkontrolliert ablaufenden chemischen Reaktionen zum Erliegen kommen. Da Antriebsbatterien sehr viel Energie enthalten, kann das Stunden dauern. Vor allem muss die Feuerwehr sicherstellen, dass es später zu keinem erneuten Aufflammen kommt. Sie kontrolliert das etwa mit Wärmebildkameras. Im Extremfall muss ein Elektroauto vorübergehend in einem feuerfesten, wassergefüllten Container oder Sack gelagert werden. Dieses allerletzte Mittel führt fast zwangsläufig zum Totalschaden.

Laut dem Schweizerischen Feuerwehrverband werden die örtlichen Feuerwehren seit mehr als 20 Jahren mit Blick auf die Besonderheiten von E-Autos bei Brandbekämpfung und Bergung geschult.

Muss ich beim Parkieren mit Elektroautos in Tiefgaragen etwas beachten?

Die kurze Antwort lautet: nein. Aus Sicht von Versicherern und Sachverständigenorganisationen gibt es keinen Grund, E-Autos die Einfahrt in Tiefgaragen zu verbieten. Die Empa, ein Forschungsinstitut der ETH Zürich, hat vor einigen Jahren Versuche mit brennenden Elektroautos durchgeführt, um die Gefahr für Parkhäuser und Tunnel zu bewerten. Dies geschah im Auftrag des Bundesamts für Strassen. Ergebnis: Die Hitzeentwicklung ist nicht gefährlicher als bei einem Verbrenner. Die Schadstoffemissionen sind vielleicht im Detail anders, aber genauso gefährlich wie bei einem brennenden Diesel oder Benziner. Und: Eine moderne Tunnelbelüftung kommt auch mit den Emissionen eines brennenden Elektroautos klar.

Wie sieht der Brandschutz der Zukunft beim E-Auto aus?

Aktuelle Elektrofahrzeuge erreichen bereits das gleiche Sicherheitsniveau beim Brandschutz wie Verbrenner. Mit Blick auf die Antriebsbatterie forscht die Industrie trotzdem an neuen Überwachungsverfahren. So sollen sich zum Beispiel Komplikationen in einem Teil der Batterie schon sehr frühzeitig erkennen und automatisch Gegenmassnahmen einleiten lassen.

Auch die Chemie der Antriebsbatterien könnte sich mittel- bis langfristig ändern. Heute sind es ja zumeist Lithium-Ionen-Batterien. Die Motivation, solche alternative Chemie zu entwickeln, ist die Aussicht auf geringere Kosten und grössere Reichweite. Allerdings wäre zum Beispiel die Feststoffbatterie auch schwerer entflammbar als die Chemie heutiger Antriebsbatterien.

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Brennt ein E-Auto, verhältst du dich wie bei einem fossilen Fahrzeug auch:Menschen in Sicherheit bringen, vom Auto entfernen und Hilfe holen.