Wie nah ist das Ende des Benzinmotors?

Europa will der erste klimaneutrale Kontinent werden. Unter anderem sollen ab 2035 EU-weit keine neuen Benzin-, Diesel- und Hybrid-Fahrzeuge mehr zugelassen werden. Wie präsentieren sich die angedachten Lösungen und wie realistisch ist dieser ehrgeizige CO2-Reduktionsplan?

18.10.2021

  • Zukunft

  • Mobility

Die EU plant, die CO2-Emissionen neuer Fahrzeuge 2035 auf null zu reduzieren. Der Verbrenner ist somit raus. Neuzulassungen gibt’s nur noch für reine Elektroautos und für Fahrzeuge, die mit Wasserstoff, synthetischen E-Fuels oder Biokraftstoff angetrieben werden. Dieser Plan ist Teil des gewaltigen Projekts «Fit for 55». Der Name ist vom Ziel abgeleitet, die Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55% unter den Wert von 1990 zu bringen.

Verschmutzen wird teurer

Wenn ein Unternehmen CO2 in der Atmosphäre ablagern will, muss es das Recht dazu besitzen. Diese «Emissionsrechte» oder auch «Verschmutzungsrechte» werden in Form von Zertifikaten verteilt. Für jede Tonne erlaubtes CO2 gibt es 1 Zertifikat, das derzeit rund 55 Euro kostet. Innerhalb des Projekts «Fit for 55» wird nun der Markt für Verschmutzungsrechte stark limitiert, was den Preis für eine Tonne CO2 steigen lässt. Fossile Treibstoffe für Airlines und Schiffstransporte werden übrigens neu ebenfalls in dieses System miteinbezogen. Einzelpersonen können am System nicht teilhaben, jedoch freiwillig ihre eigenen Emissionen finanziell kompensieren.

Wie soll der Plan des klimaneutralen Verkehrs durchgesetzt werden?

Als wesentlichsten Hebel, um den Verkehr klimaneutral zu machen, sieht die EU «Flottengrenzwerte» für die Autokonzerne vor. Durchschnittlich dürfen die Fahrzeuge 95 Gramm COpro Kilometer ausstossen. Für jedes Gramm mehr werden hohe Geldstrafen fällig, die sich direkt aus den jährlich verkauften Fahrzeug-Stückzahlen errechnen. Ein Autokonzern kann seine CO2-Werte senken, indem er viele batteriebetriebene Fahrzeuge verkauft. Der CO2-Ausstoss von E-Autos wird mit 0 Gramm/km angesetzt, und E-Autos zählen für den Flottenverbrauch eines Autoherstellers doppelt.

Zum Zweiten sollen neue Zölle verhindern, dass sich Emissionen einfach in andere Länder jenseits der EU verlagern. Dieses neue klimapolitische Instrument sieht vor, bestimmte ausserhalb der EU produzierte Güter bei der Einfuhr mit einem CO2-Preisaufschlag zu belegen. So wird erreicht, dass EU-interne und -externe Produzenten gleichgestellt sind.

« Zölle sollen das blosse Verlagern des CO2-Problems verhindern »

Noch kein Beschluss … und weitere Hürden

Die grösste Hürde für «Fit for 55» und somit auch für das allfällige Verbrennerverbot für Neuwagen ab 2035 liegt in der Tatsache, dass es erst ein Plan und noch kein Beschluss ist. Der gesamte Gesetzgebungsprozess steht noch bevor, und die EU-Mitgliedsstaaten müssen zustimmen. Dabei ist aus einigen Ländern mit starkem Widerstand zu rechnen. Darüber hinaus gibt es zwei weitere Hemmnisse:

Unterschiedliche Zeitvorstellungen: Während z. B. Dänemark das Verbrennerverbot bereits ab 2030 einführen wollte, will sich Frankreich bis 2040 Zeit lassen. Einige weitere EU-Staaten wie Irland, Niederlande, Slowenien und Schweden verfolgten bisher dasselbe Ziel wie Dänemark. Auch einzelne Metropolen schaffen Fakten: In Paris gilt ab 2024 ein komplettes Dieselverbot, Amsterdam will ab 2030 jegliche Benziner und Diesler aussperren, also auch Motorräder und Roller.

Den einen geht der Verbrennerausstieg zu schnell, den anderen zu langsam – das spiegelt sich auch auf politischer Ebene wider, namentlich in der Parteienlandschaft. Und Greenpeace zum Beispiel ist aus Gründen des mangelnden Tempos gegen «Fit for 55». Das vorgeschlagene Ende des Verbrennungsmotors 2035 sei nicht mehr, als die meisten europäischen Autobauer bereits selber anpeilten, moniert die Umweltorganisation.

Gebrauchtwagen: Einig ist man sich in der Fachwelt darüber, dass ein Verbot für Benziner ab 2035 für jene Autos, die bereits auf der Strasse sind, völlig irreal ist. Auch wird die Regierung den Handel mit Occasionen kaum stoppen können.

« Zu schnell, zu langsam - als Spannungsfeld »

Fazit: Benziner-Ende in der Schwebe

«Fit for 55» ist ein gewaltiges Projekt mit ebenso hohen Hürden. Kommt dazu, dass in diesem Plan neben dem Verkehr auch der Gebäudesektor für seine CO2-Emissionen bezahlen muss. Damit sind praktisch alle Bürger:innen als Verkehrsteilnehmende, Hausbesitzer:innen oder Mieter:innen betroffen. Laute Proteste aus verschiedenen Ecken sind da vorprogrammiert.

Andererseits ist klar: Die Zeit von «das wird schon irgendwie» ist vorbei. Die hohen Ziele, welche die EU-Kommission setzt, sind mit Bequemlichkeit nicht erreichbar. Jede und jeder muss alltägliche Gewohnheiten grundlegend verändern – das ist zweifellos der höchste Preis, der zu bezahlen ist.

Mobility hat in ihrer Strategie definiert, bis spätestens 2030 mit einer vollelektrischen Flotte unterwegs zu sein und bis 2040 als Gesamtunternehmen klimaneutral dazustehen. Somit überbieten wir die Ziele von «Fit for 55». Wie auch immer sich das EU-Projekt entwickelt: Anpassungsschritte seitens Mobility braucht es nicht.

« Die Ziele sind nur mit Verhaltensänderungen der Menschen erreichbar »

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