Das Wichtigste in KĂĽrze:
- Definition: Bidirektionales Laden ermöglicht es Elektroautos, nicht nur Strom zu tanken, sondern auch als mobile Energiequelle zu dienen.
- Einsatzmöglichkeiten: Es bestehen verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Etwa die Nutzung des in der E-Auto-Batterie gespeicherten Stroms für das Hausnetz oder die Rückspeisung von Energie ins allgemeine Stromnetz, um Spitzenlasten zu dämpfen.
- Herausforderungen: Kompatibilität zwischen Gleichstrom (E-Autos) und Wechselstrom (Stromnetz). Der Bedarf an spezialisierten Ladestationen und geeigneten Elektrofahrzeugen.
- Aktueller Stand: Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind in der Schweiz noch unklar, es gibt aber positive Entwicklungen durch neue gesetzliche Anpassungen und vielversprechende Ergebnisse aus Pilotprojekten.
Der Begriff klingt etwas sperrig, die Idee dahinter ist jedoch genial: «Bidirektionales Laden» beschreibt die Fähigkeit eines Elektrofahrzeugs, nicht nur Strom zu tanken, sondern die überschüssige/ungenutzte Energie auch zu speichern und wieder in ein Stromnetz einzuspeisen. Während die Technologie in anderen Ländern bereits fortgeschritten ist, steckt das bidirektionale Laden in der Schweiz noch in Kinderschuhen. In den folgenden fünf Punkten erfährst du, worum es beim bidirektionalen Laden geht – und welche Hürden es in der Schweiz diesbezüglich noch gibt.
1. Was ist bidirektionales Laden?
Beim bidirektionalen Laden wird die E-Auto-Batterie zwischenzeitlich zum Energiespeicher. Der gespeicherte Strom kann so später z. B. im Haushalt genutzt oder ins Stromnetz eingespeist werden.
Ein Elektroauto kann also nicht nur mit Strom geladen werden, sondern auch Strom abgeben. Eine der grössten Herausforderungen bei erneuerbaren Energien ist die Frage der Speicherung. Wenn die Sonne bei schönem Wetter auf die Fotovoltaikanlage auf dem Dach brennt, wird der produzierte Strom nicht immer sofort benötigt.
Soll die Energie nicht ungenutzt verpuffen, muss sie zwischengespeichert werden. Das ist mit speziellen Batterien durchaus möglich, jedoch auch mit Kosten verbunden. Eine potente Alternative steht derweil oft direkt vor der Haustür: das Elektroauto. Mit der richtigen Technologie kann das E-Auto quasi als mobile Powerbank genutzt werden.
Während die Technologie in anderen Ländern bereits weit fortgeschritten ist, steckt sie in der Schweiz noch in den Kinderschuhen. Unser Artikel «Ist die Schweiz bereit für bidirektionales Laden?» gibt dir einen Überblick über die Situation in der Schweiz.
2. Wo kommt bidirektionales Laden zum Einsatz?
Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie bidirektional ladefähige E-Autos in der Praxis verwendet werden können:
- Vehicle-to-Home (V2H): Bidirektionales Laden ermöglicht es, den im Auto gespeicherten Strom für die Versorgung des Hausnetzes zu nutzen. Das Elektroauto lädt dann die hauseigene Fotovoltaikanlage auf – dieselbe Anlage, die zuvor bei Sonnenschein das Auto mit Strom versorgt hat. So entsteht ein nachhaltiger Kreislauf.
- Vehicle-to-Grid (V2G): Es ist auch möglich, die Energie aus dem Auto in das allgemeine Stromnetz zurückzuspeisen. So könnten Stromspitzen geglättet werden. Wenn das Elektroauto zu Randzeiten geladen wird, kann die gespeicherte Energie zu Spitzenzeiten ins Netz eingespeist werden, um dieses zu entlasten.
- Vehicle-to-Building (V2B): Der im Auto gespeicherte Strom kann auch zur Versorgung eines Gebäudes genutzt werden. Das Elektroauto kann Bürogebäude, Schulen oder andere kommerzielle Gebäude mit Energie versorgen und so helfen, Energiekosten zu senken und die Nutzung erneuerbarer Energien zu maximieren.
- Vehicle-to-Everything (V2X): Diese Technologie ermöglicht es, den im Elektroauto gespeicherten Strom mit verschiedenen Endgeräten und Infrastrukturen zu teilen. Dazu gehören nicht nur Haushalte und das Stromnetz, sondern auch andere Fahrzeuge, Geräte und öffentliche Einrichtungen. V2X steht für eine umfassende Vernetzung und Nutzung von Energiequellen zur Verbesserung der Effizienz und Stabilität des gesamten Energiesystems.
- Vehicle-to-Load (V2L): Bidirektionales Laden ermöglicht es, den im Auto gespeicherten Strom für den direkten Betrieb von elektrischen Geräten und Maschinen zu nutzen. Das Elektroauto fungiert dabei als mobile Stromquelle für Werkzeuge, Haushaltsgeräte oder eine Campingausrüstung.
Ein weiteres Argument für bidirektionales Laden ist die Tatsache, dass Privatautos im Durchschnitt bis zu 23 Stunden am Tag ungenutzt herumstehen. Genau in dieser Zeit könnten sie Strom ins Netz zurückspeisen. Dazu muss die bidirektionale Ladestation beim lokalen Netzbetreiber lediglich als «einfache» Ladestation angemeldet werden.
3. Warum gibt es bidirektionales Laden noch nicht flächendeckend?
Obwohl die Technologie hinter den «Powerbanks auf Rädern» vielversprechend ist, gibt es noch einige Hürden:
- Umwandlung: Elektrofahrzeuge fahren in der Regel mit Gleichstrom, während unser Stromnetz mit Wechselstrom arbeitet. Die meisten E-Auto-Modelle sind mit einem On-Board-Ladegerät ausgestattet, das den Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt – jedoch nur in eine Richtung.
- Geeignete Wallbox: Damit der Strom auch in entgegengesetzter Richtung fliessen kann, braucht es entsprechend ausgelegte Ladestationen (Wallboxen) und Stecker. Erste Anbieter gibt es auch in der Schweiz, aber insgesamt besteht noch deutlicher Nachholbedarf.
- Fahrzeug-Kompatibilität: Noch sind nicht alle Elektrofahrzeuge auf dem Markt für bidirektionales Laden geeignet. Dies wird sich jedoch schnell ändern. In Japan beispielsweise ist die bidirektionale Ladetechnik bereits seit Jahren Pflicht für jedes Elektrofahrzeug.
- Standards und Protokolle: Für das bidirektionale Laden gibt es noch unterschiedliche Standards und Protokolle. Dies kann zu Inkompatibilitäten zwischen Elektrofahrzeug und Ladestation führen. Verschiedene Hersteller verwenden zum Teil eigene Systeme, was die Interoperabilität erschwert und die Auswahl geeigneter Ladestationen einschränkt.
- Kosten für bidirektionale Wallboxen: Die Kosten für eine Ladestation sind wesentlich höher, wenn sie auch bidirektional laden kann. Die zusätzlichen Funktionen und technischen Anforderungen für bidirektionales Laden erhöhen die Anschaffungskosten erheblich, was für viele Nutzer eine Hürde darstellt.
- Intelligentes Lastenmanagement: Das bidirektionale Laden erfordert ein intelligentes Lastmanagement, um das Laden und Entladen zu optimieren. Dies bedeutet, dass die Energieflüsse in Echtzeit überwacht und gesteuert werden müssen, um eine effiziente Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten. Solche Systeme sind komplex und erfordern zusätzliche Investitionen in Hard- und Software, um einen reibungslosen und effizienten Betrieb zu gewährleisten.
4. Wie steht es um die gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen?
Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen sind nicht eindeutig. In der Schweiz gibt es kein Gesetz, das das bidirektionale Laden verbietet. Vielmehr wird es dem eingangs erwähnten stationären Batteriebetrieb gleichgestellt.
Komplexer wird es bei der Einbindung des Elektroautos in das allgemeine Stromnetz. Damit dies nicht nur technisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar ist, sind Anpassungen des Stromgesetzes auf nationaler Ebene notwendig. Ein wichtiger Schritt dazu ist das Abstimmungsergebnis vom 9. Juni 2024 zum Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien. Dank des positiven Entscheides der Schweizer Stimmbevölkerung sind neu lokale Zusammenschlüsse über das einzelne Haus hinaus möglich, im Fachjargon Zusammenschluss zum Eigenverbrauch von Solarstrom kurz ZEV genannt. E-Autos werden in diesem Mantelerlass zwar nicht explizit genannt, doch es wurden damit wichtige Weichen gestellt.
5. Was unternimmt Mobility, um die neue Ladetechnologie zu fördern?
Das Potenzial des bidirektionalen Ladens liegt auf der Hand – insbesondere für Mobility. Bis 2030 werden alle unsere 3000 Fahrzeuge elektrisch angetrieben. Elektromobilität erhöht jedoch den Strombedarf und stellt die Netzstabilität vor Herausforderungen. Genau hier könnte das bidirektionale Laden ein Trumpf darstellen. Im Verbund kann eine solche Flotte von Fahrzeugen ein virtuelles Kraftwerk bilden, das im Bedarfsfall zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen kann.
Mobility hat deshalb unlängst sein zweijähriges Pilotprojekt zum bidirektionalen Laden erfolgreich abgeschlossen. Zwischen September 2022 und März 2024 waren 50 «Honda e» an 40 Mobility-Standorten in der ganzen Schweiz im Einsatz. Unter anderem wurde der Strom aus den Fahrzeugen drei verschiedenen Abnehmern angeboten. Die Ergebnisse des Pilotversuchs werden derzeit ausgewertet. Klar ist jedoch schon jetzt: Die Technik funktioniert – aber bis sie breit genutzt werden kann, wartet noch viel Arbeit auf die Schweiz.
FAQ
Ist bidirektionales Laden in der Schweiz erlaubt?
Ja, es ist mit dem Betrieb stationärer Batterien gleichzusetzen und kann regulär angemeldet werden.
Wie weit ist die bidirektionale Ladetechnologie?
Erste Hersteller bieten ausgereifte bidirektionale Ladestationen an. In Japan ist die Technologie bereits Pflicht.
Schadet bidirektionales Laden der Fahrzeugbatterie?
Untersuchungen zeigen, dass die zusätzliche Alterung der Batterie gering ist.
Welche Vorteile bringt bidirektionales Laden?
Es erhöht die Eigenverbrauchsquote und reduziert die Netzkosten. Dies, weil der bidirektionale Anschluss von Fahrzeugen den Abbau von Leistungsspitzen ermöglicht.
Bemerkungen
Herzlichen Dank auch für die sehr verständlich formulierten Projekt Ergebnisse.
Schade, dass der in diesem Kontext absolut zukunftsträchtige "Sion" von Sono Motors nciht realisiert werden konnte.