Illustration 25 Jahre Mobility

Zu Beginn wurden reihenweise Mobility-Autos geklaut

35 Jahre Carsharing in der Schweiz, 25 Jahre Mobility: Was mit einigen Visionären und einem knallroten Opel Kadett begann, entwickelte sich zum marktführenden Schweizer Carsharing-Unternehmen. Die beiden Gründungsmitglieder Conrad Wagner und Rolf Fischer erinnern sich lebhaft an die ersten Jahre der Genossenschaft.

15.05.2022

  • Mobility

Grosse Erfolgsgeschichten beginnen häufig in den Köpfen einiger weniger Pioniere. So war es auch bei Mobility. Wir schreiben das Jahr 1987, als in Stans und Zürich fast zur gleichen Zeit zwei Genossenschaften mit dem gleichen Ziel gegründet werden. Sowohl die Genossenschaft ATG AutoTeilet aus Stans als auch die ShareCom aus Zürich wollen ihren Mitgliedern günstige und flexible Mobilität anbieten – durch das Teilen von Autos. Conrad Wagner und Rolf Fischer erinnern sich noch bestens an diese Zeit: Die beiden Freunde, die sich im Militär kennengelernt hatten, gehörten zu den Mitbegründern der AutoTeilet Genossenschaft. Das gemeinsam genutzte Fahrzeug sollte ihnen und ihren Freunden maximale Flexibilität bei minimaler Verpflichtung bieten. Die Pioniere hatten aber noch eine höhere Motivation: «Wir wollten die Mobilität nachhaltig verändern», sagt Fischer heute, 35 Jahre später. Und Conrad Wagner ergänzt: «Unser Antrieb war von Anfang an, das Verkehrsvolumen zu senken und gleichzeitig eine bewusst gestaltete Mobilität zu ermöglichen.» 1997 fusionierten die ATG AutoTeilet und ShareCom und riefen gemeinsam die Mobility Genossenschaft ins Leben.
 

In der Folge verbrachten die beiden Stunden und ganze Nächte zusammen, um ihre Idee weiterzuentwickeln. Dies taten sie nicht selten im Militärdienst. «Wir waren Funker und hatten während der WKs viel Zeit, um an unserem Projekt zu arbeiten.» Sogar die ersten Mitgliederrechnungen verschickten die beiden aus dem WK über die kostenlose Feldpost. «Irgendwann flogen wir jedoch auf», sagt Fischer schmunzelnd.

Alles begann mit einem knallroten Opel Kadett

Während zu Beginn nur ein paar Idealisten das geteilte Auto nutzten, kamen von Monat zu Monat neue Interessenten hinzu. Rolf Fischer erinnert sich genau an das erste Mobility-Auto: ein Opel Kadett, knallrot, mit Fliessheck. «Wir wollten eine Farbe, die auffällt – und die sich durchzieht.» Der Plan ging auf. Was als kleine Organisation in Stans anfing, entwickelte sich innerhalb weniger Jahre zu einem schweizweiten Angebot. «Obwohl wir kaum Budget für Werbung hatten», sagt Fischer. «Diesen Job übernahmen die Medien für uns, die prominent über unser zukunftsträchtiges Projekt berichteten.» Die positiven Folgen liessen nicht lange auf sich warten: In den ersten Jahren verzeichnete das Unternehmen regelmässig über 100 Prozent Wachstum.

Die erste Mobility-Card für Carsharer der ersten Stunde

Erst der Bordcomputer beendete den Autoklau

Trotz des grossen Erfolgs war das junge Unternehmen mit Herausforderungen konfrontiert. «Zu Beginn, noch ohne Bordcomputer, wurden reihenweise Autos geklaut», erinnert sich Conrad Wagner. «Erst mit der elektronischen Zugangskontrolle konnten Eigentum und Nutzung geschützt werden.» Solche Hürden hinderten die Gründer nicht daran, an ihrer Vision festzuhalten. Im Gegenteil: Kleinere und grössere Rückschläge motivierten sie umso mehr.
 

Rolf Fischer spürt bei Mobility nach wie vor den Spirit der Gründungszeit. «Gerade beim Thema Nachhaltigkeit hat sich das Unternehmen hervorragend positioniert.» Mit dem Ziel, die gesamte Fahrzeugflotte bis 2030 auf Elektroautos umzustellen, gehe Mobility zurück zu den Wurzeln. «Die Genossenschaft ist prädestiniert dafür, bei solchen Themen eine Pionierrolle zu übernehmen.» Trotz allem sieht Fischer auch Verbesserungspotenzial: «Das Unternehmen dürfte noch eine Spur mutiger und frecher auftreten.» Mit seinen rund 245ʼ000 Mitgliedern sei das Potenzial von Mobility denn auch noch lange nicht ausgeschöpft.



Auch die Autoindustrie habe sich – allen Innovationen zum Trotz – nicht nur positiv entwickelt. «Die Fahrzeuge sind tendenziell grösser und schwerer geworden. Das kompensiert die Nachhaltigkeit der Fahrzeuge.» Für Fischer ist deshalb klar: «Mobility soll sich nicht auf schwere, sondern eher auf leichte Fahrzeuge konzentrieren.» Conrad Wagner sieht es ähnlich. «Uns war von Anfang an klar, dass Carsharing nicht die alleinige Lösung für die rasante Verkehrsentwicklung sein kann.» Dafür spricht auch die Tatsache, dass sich der Privatfahrzeug-Bestand in der Schweiz innert 30 Jahren auf über 4 Millionen Autos verdoppelt hat. «Carsharing ist aber wichtiger Lösungsteil für eine vielgestaltige Mobilität und intermodale Wegeketten, die verschiedene Verkehrsträger wie Strasse, Schiene, Wasser und Luft kombinieren.» An dieser Überzeugung werden Conrad Wagner und Rolf Fischer auch in Zukunft festhalten. «Unser Herz schlägt für immer rot!»

Der erste Boardcomputer von Mobility

Über die Gründung von Mobility

Die Mobility Genossenschaft entstand 1997 aus der Zusammenführung der Genossenschaften ATG und ShareCom. Nebst Mobility war bei diesem Prozess auch der Name Trafix im Rennen. «Wir entschieden uns für Mobility CarSharing Schweiz, um auf die breite und neue Mobilität in der ganzen Schweiz zu fokussieren», erklärt Mitbegründer Conrad Wagner. Das Gründungsteam bestand aus einem Ausschuss von rund zehn Personen, die gemeinsam die Entwicklung hin zur neuen Mobility vorantrieben. Heute stehen den rund 250ʼ000 Mitgliedern über 3ʼ000 Fahrzeuge an rund 1ʼ500 Standorten in der ganzen Schweiz zur Verfügung.

Das erste Mobility Magazin in gedruckter Form

Conrad Wagner

Conrad Wagner war Initiant und Mitgründer der 1987 gegründeten «ATG AutoTeilet Genossenschaft» sowie der Genossenschaft Mobility. Als selbstständiger Berater entwickelt er Mobilitätskonzepte für verschiedene Auftraggeber in der Schweiz, der EU, den USA und Indien. Wagner ist als Experte in Verbänden, Netzwerken und Forschungsgremien aktiv, zudem unterrichtet er an Hochschulen in den Bereichen Erschliessung, Verkehr und Mobilität.

Rolf Fischer

Rolf Fischer war 1987 Mitgründer der «ATG Auto Teilet Genossenschaft». Nach der Fusion mit der ShareCom Genossenschaft war Fischer bis 2009 Finanzchef und CEO ad interim bei der Mobility Genossenschaft. Heute ist Fischer als Mitglied der Geschäftsleitung (Finanzen und Personal) für den Kaufmännischen Verband Luzern tätig.

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