Elektromobilität bei Mobility

Strom rein, Strom raus: Wenn das Auto zum Kraftwerk wird

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Ob in Japan, Grossbritannien oder Kalifornien: Elektrofahrzeuge speisen immer öfter Strom zurück ins Netz. Die Technik dafür heisst bidirektionales Laden – und sie hat das Potenzial, unsere Energiezukunft zu verändern. Auch in der Schweiz.

Elektroautos, die Strom nicht nur laden, sondern bei Bedarf auch wieder abgeben: Das Konzept dahinter heisst bidirektionales Laden – oft als V2X (Vehicle-to-Everything) bezeichnet. In diesem Beitrag zeigen wir, welche Regionen der Welt im Bereich V2X führend und besonders innovativ unterwegs sind.

  • Japan: Notstrom als nationale Aufgabe

  • Vereinigtes Königreich: Europas V2G-Vorreiter

  • Kalifornien: V2X bald gesetzlich verankert?

  • Frankreich: Technik trifft Zentralismus

  • Schweiz: Klein, komplex – aber bereit

Japan: Notstrom als nationale Aufgabe

Nach der Katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 bekam bidirektionales Laden in Japan einen ganz neuen Stellenwert. Die Vehicle-to-Load-Technologie (V2L), bei der das Auto bei Stromausfall Geräte oder Haushalte versorgt, wurde stark gefördert. «In Japan sind die Autos bereits seit über zehn Jahren standardmässig bidirektional ausgerüstet. Das allein zeigt, dass es aus technologischer Sicht keine grosse Herausforderung ist», erklärt Marco Piffaretti, Energieexperte und Pionier der Elektromobilität in der Schweiz.
Die japanische Regierung hat zwar keine V2L-Pflicht eingeführt – dafür kam der Impuls von ganz oben: «Offenbar hat der Kaiser die Bevölkerung persönlich gebeten, ihre Fahrzeuge aufzurüsten», so Piffaretti. Heute sind im Land rund 15'000 V2H-Systeme im Einsatz, vor allem als Notstromaggregate. Die Rückspeisung ins öffentliche Netz oder die Eigenverbrauchsoptimierung mit PV-Anlagen ist in Japan bisher hingegen kaum verbreitet.

Folgende V2-Begriffe gibt es

  • V2H (Vehicle-to-home)
  • V2B (Vehicle-to-building)
  • V2G (Vehicle-to-grid)
  • V2X (Vehicle-to-everything)
  • V2L (Vehicle-to-load)

Vereinigtes Königreich: Europas V2G-Vorreiter

Grossbritannien zählt zu den aktivsten Ländern in Europa, wenn es um Vehicle-to-Grid geht. Rund 120 Pilotprojekte laufen auf der Insel – mehr als irgendwo sonst auf dem Kontinent. «Die UK ist sehr stark im Bereich der Pilotprojekte. Das zeigt, dass das Land das Potenzial und die Dringlichkeit dieser Technologie erkannt hat», sagt Marco Piffaretti.
Ein Grund für diesen Innovationsdrang: Ab 2030 dürfen in Grossbritannien keine neuen Verbrenner mehr verkauft werden. Die britische Energiewirtschaft testet deshalb intensiv, wie sich Elektrofahrzeuge als flexible Stromspeicher ins Netz einbinden lassen. «Die Verteilnetzbetreiber haben gelernt, die Regelung im Stromnetz vorzunehmen. So entsteht eine Win-Win-Situation», erklärt Piffaretti. Der politische Wille scheint – unabhängig von Regierungswechseln – vorhanden zu sein.

Elektroauto laden in der Schweiz: So einfach geht es

Noch nie ein E-Auto geladen? Kein Problem – wir zeigen dir, was zu tun ist. In diesem Video erfährst du, wie du eine passende Ladestation findest, wie lange das Laden dauert, welchen Stecker du brauchst – und wie du die Station souverän und stressfrei bedienst.

Kalifornien: V2X bald gesetzlich verankert?

Auch Kalifornien zählt zu den Regionen mit besonders ambitionierten Klimazielen. Ab 2035 dürfen dort nur noch emissionsfreie Fahrzeuge neu verkauft werden. Bereits heute wurde ein Gesetz erlassen, das es den Behörden erlaubt, die Nutzung von V2G-Technologie in Elektroautos vorzuschreiben – auch wenn es noch nicht umgesetzt wurde. Damit könnte Kalifornien zum ersten Ort weltweit werden, wo bidirektionales Laden Pflicht ist.
Der amerikanische Ansatz unterscheidet sich dabei deutlich von jenem in Europa oder Asien: Die Integration in das überlastete kalifornische Stromnetz steht im Vordergrund – insbesondere vor dem Hintergrund häufig auftretender Hitzewellen und Stromausfälle. V2X gilt hier nicht nur als Technik der Zukunft, sondern als strategisches Element der Versorgungssicherheit.

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Frankreich: Technik trifft Zentralismus

In Frankreich geht man ebenfalls pragmatisch und ambitioniert vor. Der Autohersteller Renault hat mehrere V2G-Projekte lanciert und den neuen Renault R5 E-Tech Electric von Beginn an mit bidirektionaler Technik ausgerüstet. «In Frankreich gibt es verschiedene spannende Projekte – dies zum Teil in Kooperation mit grossen Elektrizitätswerken», erklärt Marco Piffaretti.
Ein Vorteil des zentralistisch organisierten Landes: Frankreich verfügt über nur einen Verteilnetzbetreiber, was die landesweite Einführung solcher Technologien vereinfacht. «In der Schweiz braucht es dafür bis zu 600 einzelne Einigungen!», so Piffaretti weiter. Der R5 wird in Kombination mit einer bidirektionalen Ladestation, Stromvertrag und App für das intelligente Energiemanagement als Gesamtpaket angeboten – ein Modell, das Schule machen könnte.

Schweiz: Klein, komplex – aber bereit

Das Stromgesetz, welches am 9. Juni 2024 vom Schweizer Volk angenommen wurde, verbessert die Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb. Es ermöglicht etwa die Rückerstattung der doppelten Netzgebühren und die Schaffung eines Flexibilitätsmarktes bei den lokalen Verteilnetzbetreibern. Jedoch wird es noch einige Jahre benötigen, bis sich auch andere Voraussetzungen verbessert haben und sich die Technologie auf breiter Ebene durchsetzen kann.

Auch wenn die Schweiz strukturell bedingt Nachholbedarf hat, tut sich etwas: Mit dem Projekt «V2X Suisse» testete Mobility gemeinsam mit Partnern bidirektionales Laden mit 50 Honda-e-Fahrzeugen. Der Feldversuch verlief erfolgreich: Die Technik funktioniert, die Wirtschaftlichkeit ist in Reichweite – sofern die regulatorischen Bedingungen stimmen. Ein strukturelles Hindernis bleibt: «Wir haben mit die höchste Mieterquote Europas», so Piffaretti. «Mieterinnen und Mieter können meist nicht entscheiden, ob auf ihrem Haus eine Solaranlage installiert oder in der Garage eine E-Ladestation eingerichtet wird.»

Doch es gibt Lichtblicke. Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften verfügen über hohe Kaufkraft und damit über das Potenzial, Innovationen umzusetzen. Grosse Chancen sieht Piffaretti auch bei Flottenfahrzeugen: «Gerade bei Firmen, die viele LKWs auf der Strasse haben, ist das Potenzial riesig. Diese stehen nachts und an Sonntagen still – das ist ideal fürs bidirektionale Laden», so der Experte. Dass zudem auch Mobility in Zukunft eine aktive Rolle bei der Etablierung der bidirektionalen Ladetechnologie spielen könnte, ist spätestens seit dem Projekt «V2X Suisse» klar.

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