«Ein Auto mit Mahlzeiten, Essen und Tampax füllen und an Obdachlose verteilen», lautete der Satz, mit dem Cristina den Mobility-Young-Wettbewerb gewonnen hat. Welche Rolle spielte er bei der Gestaltung des Autos?
Anfangs bestand der Plan, tatsächlich etwas mit Bildern von Lebensmitteln zu machen. Uns wurde aber schnell klar, dass sich eine abstrakte Gestaltung für ein Auto besser eignet. Wir wollten etwas Fröhliches und Buntes machen, das optisch auffällt.
Wie habt ihr das Design erarbeitet?
Pandemiebedingt habe ich keine der am Projekt beteiligten Personen real getroffen, auch Cristina nicht. Stattdessen hat sie auf meinem Instagram-Account nach den Arbeiten gesucht, die ihr am besten gefallen und zum Projekt passen könnten. Dann habe ich Vorschläge geschickt, die sie wiederum per SMS kommentiert hat, bis wir uns bei einem Motiv gefunden haben.
Und wie hast du die Motividee konkret umgesetzt?
Ich habe Bilder mit kontrastreichen Flächen und ohne weisse Zwischenräume gemalt. Nebst dem Rot von Mobility habe ich Gelb, Grün und Blau genutzt – Farben, die bunt und lebendig wirken. Anschliessend habe ich die Bilder mit der Glitch-App digital zerlegt. Dabei gehe ich immer stark intuitiv vor und verfremde die Bilder so lange, bis eine neue spannende Optik entsteht, die mir gefällt. In diesem Fall sollten Farbflächen entstehen, die so aussehen, als ob sie mit steigender Geschwindigkeit des Fahrzeugs nach hinten fliessen.
Du arbeitest normalerweise mit geraden Flächen, bei einem Auto ist alles gebogen. War das besonders schwierig?
Von einer flachen Bildfläche zu einer 3D-Gestaltung mit gebogenen Flächen zu gelangen, war tatsächlich anspruchsvoll. Zum einen, weil ich sonst mit kleineren Formaten arbeite und nur wenig Erfahrung habe mit grossen Dateien. Zum anderen, weil die Zusammenarbeit bei diesem Projekt rein virtuell erfolgte. Normalerweise arbeite ich für grosse Drucke mit dem Berner Drucker und Galeristen Tom Blaess zusammen. Ich kann die Resultate jeweils vor Ort begutachten, besprechen und überarbeiten. Bei diesem Projekt wurden Folien genutzt, die ich nie mit eigenen Augen gesehen habe.
Das ganze Projekt dauerte fünf Wochen. Eine stressige Zeit?
Es musste alles sehr schnell gehen, doch bei neuen Herausforderungen ist das Stressniveau so oder so immer hoch. Man kennt die Prozesse nicht und ist unsicher, ob sich die künstlerische Idee überhaupt praktisch umsetzen lässt. Aber ich fühle mich immer wie elektrisiert, wenn ich etwas ganz Neues realisieren darf. Jedes Projekt fordert einen auf eigene Weise heraus, da man die Arbeit je nach Format und Raum ganz anders angehen muss. Und ja, das ist ein Stress, aber ein sogenannter Eustress – ein positiver Stress, der einen antreibt. Diese Energie ist einer der Gründe, warum ich Künstlerin geworden bin.
Hast du etwas gelernt, was du für künftige Werke nutzen kannst?
Ja, vor allem bezüglich der Arbeit mit grossen Formaten. Das ist sehr hilfreich, denn Museen mögen es, wenn Werke optisch mehr Platz einnehmen.
Welche Beziehung hast du eigentlich zu Autos generell?
Es gibt Marken, die ich toll finde, und solche, die ich eher nicht besitzen möchte. Auch sehr alte Autos üben auf mich einen Reiz aus, weil sie viele innere Bilder auslösen. Aber ich lebe seit meiner Studienzeit immer in der Stadt und habe zwar einen Führerschein, war aber noch nie im Besitz eines Autos. Dass ich im Alltag kein Auto benötige, erlebe ich als Lebensqualität.
Du fährst also gar nie Auto?
Während der Pandemie habe ich ein Fahrzeug vermisst, das man allein nutzen kann. Darum möchte ich nun wieder selbst fahren, elektrisch natürlich, und werde wohl ein paar Fahrstunden nehmen. Dazu werde ich mir wohl das Auto meiner Eltern leihen, Mobility ist natürlich auch eine Option.
Apropos: Das von dir gestaltete Mobility-Auto fährt zurzeit in Zürich, du wohnst in Bern. Findest du es nicht schade, dass du es bisher noch nicht live auf der Strasse gesehen hast?
Doch! Aber bestimmt fährt es dieses Jahr einmal in Bern, dann kann ich es auch mal fahren! So oder so würde es mich freuen, wenn Passanten oder Fahrer Fotos schiessen würden, wenn sie das Auto auf der Strasse sehen. Dann könnte ich es immerhin virtuell sehen, immer wieder mit einem neuen Hintergrund.
Wer Giggas Wunsch erfüllen will, ist herzlich eingeladen, Bilder des Kunstwerks auf Rädern auf Instagram zu teilen.
Bemerkungen
Das Auto finde ich ausgesprochen schön. Wie kann ich das Auto mieten, wenn ich mit dem in Solothurn fahren möchte.
Besten Dank für Ihre Antwort.
Irene