E-Auto-Batterien: Vom zweiten Leben zum Recycling

Wohin mit ausgedienten Akkus von Elektroautos? Weltweit arbeiten Unternehmen und Forschungseinrichtungen an Lösungen für diese bedeutsame Frage. Schliesslich enthalten die Akkus viele wertvolle Rohstoffe. Die Antwort: Batterien verbringen ein zweites Leben als stationäre Speicher, bevor sie rezykliert werden.

 

26.11.2020

  • Nachhaltigkeit

Dass Batterien ein Knackpunkt für die Ökobilanz von E-Autos sind, ist unbestritten. Erst im letzten Jahr erhielten die drei Väter der Lithium-Ionen-Batterie den Chemie-Nobelpreis für ihre Grundlagenforschung in den 1980ern. Dank ihr wurden Handys, Laptops, Hörgeräte oder E-Autos überhaupt erst möglich. Nun, da Elektrofahrzeuge weltweit vor dem grossen Durchbruch stehen, feilen Forscher und Industrie an optimierten Rohstoffkreisläufen und Recyclingverfahren.

Das zweite Leben gebrauchter Akkus

Die Garantie der Hersteller auf einer E-Auto-Batterie liegt normalerweise zwischen acht bis zehn Jahren oder einer Laufleistung von rund 150‘000 Kilometern. Zu diesem Zeitpunkt vermag sie noch 70% ihrer ursprünglichen Leistung zu erbringen. Mehr als genug, um danach als stationärer Speicher weiterverwendet zu werden, beispielsweise

  • als Solarstromspeicher in Gebäuden mit Photovoltaik

  • als Powerbank in mobilen Schnellladestationen für E-Autos. Das System von VW beispielsweise kann bis zu vier Elektrofahrzeuge gleichzeitig laden und Strom zwischenspeichern. Auch Audi, Daimler und BMW setzen auf das Konzept des «Second Life».

  • als Stromspeicher für Kraftwerke, welcher dann angezapft wird, wenn die Energienachfrage besonders hoch ist.

« Nach dem Einsatz im E-Auto geht’s ins Second Life. »

Sogar Privatpersonen verwenden alte Li-Ionen-Batterien weiter. So hat Marco Piffaretti, Experte und Pionier für Elektromobilität in der Schweiz, eine Photovoltaik-Anlage zuhause, über welche er einen gebrauchten Akku in seiner Garage speist. Dieser dient als Tagespufferung für die Ladestation seiner E-Autos. «Dem Akku geht es besser als erwartet», freut er sich. «Es zeigt sich, dass das Second Life bedeutend länger dauern kann, als noch vor wenigen Jahren angenommen». Es seien wohl bis zu zehn Jahre Weiternutzung möglich. Insbesondere, weil eine Batterie im stationären Einsatz rund zehn mal weniger beansprucht wird als in einem Fahrzeug.

 

Heiss oder kalt: Bestes Recyclingverfahren gesucht

Alte Antriebsbatterien zu recyclen, dient der Kreislaufwirtschaft. Ziel ist, möglichst viel wertvolles Material zurückzugewinnen, zumal die Recyclingverfahren kapitalintensiv sind. So betont Christian Hagelüken vom belgischen Recycling-Konzern Umicore: «Recycling wird sich nur dann durchsetzen, wenn es sich wirtschaftlich betreiben lässt».

Derzeit gibt es zwei Möglichkeiten: Man schmilzt die Akkus ein oder schreddert und behandelt sie mit Chemikalien. Das Einschmelzen wird auch als «heisses Verfahren», der zweite Weg als «kaltes Verfahren» bezeichnet. Beim heissen Verfahren lassen sich die metallischen Bestandteile Kobalt, Kupfer und Nickel relativ einfach zurückgewinnen; im Fall von Kobalt sind es bis zu 95%. Bislang ist das heisse Verfahren unverzichtbar für das gleichzeitige Recycling unterschiedlichster Akku-Typen, wobei Kritiker seinen hohen Energiebedarf monieren.

« Das heisse Verfahren verbraucht viel Energie. »

Deshalb legen viele Unternehmen ihren Fokus auf das kalte Verfahren. Volkswagen beispielsweise nimmt in der Ortschaft Salzgitter noch im laufenden Jahr eine Pilotanlage in Betrieb, welche vorerst 3000 Akkus jährlich verarbeiten kann und eine Recyclingquote von 90% anstrebt. Auch das deutsche Unternehmen Duesenfeld forscht auf dem Weg jenseits des Einschmelzens und hat nahe Braunschweig eine Pilotfabrik eingerichtet. Schon im 2020 sollen 96% aller Akkumaterialien in einer Reinheit zurückgewonnen werden, die eine erneute Verwendung in der Batterieherstellung ermöglicht.

Volkswagen Konzern startet Batteriezellentwicklung und -fertigung in Salzgitter. In der Zellkonditionierung wird die Zelle erstmals elektrisch kontaktiert, geladen, entladen und spannungsüberwacht gelagert. (Foto: Pressefoto Volkswagen)

Auch die Schweiz sucht effizientere Wege

Nicht nur in Deutschland, auch hierzulande wird getüftelt. Der Importeurverband «Auto-Schweiz» sucht nach einer Branchenlösung fürs Akku-Recycling. Damit beauftragt wurde die Stiftung «Auto Recycling Schweiz», welche seit März 2019 zusammen mit der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA an diesem Projekt arbeitet. Bei der Evaluation des besten Recyclingsystems geht es laut EMPA nicht nur um die Zerkleinerung allein, sondern auch um den Aufbau einer Lieferkette, welche die Brandanfälligkeit von Batterien aus Unfallfahrzeugen reduziert.

Aus weiteren innovativen Schweizer Recyclingunternehmen leuchtet die E-Mobilitätsfirma Kyburz Switzerland AG (Freienstein) hervor. Der Hersteller der allseits bekannten Dreirad-Roller der Schweizer Post hat im September eine hausinterne Akku-Recyclinganlage eröffnet. Auch bei diesem Projekt stand die EMPA Pate. Die Grundidee des Recycling-Prozesses: optimales Entladen, sorgfältige Zellenzerlegung und die Aufreinigung mittels Wasser anstelle von Chemikalien.

Teil ganzheitlich betrachteter Ökobilanzen

Marco Piffaretti, der auch die E-Offensive bei der Carsharing-Anbieterin Mobility anleitet, unterstreicht, wie wichtig eine breit gefasste ökologische Bewertung von E-Mobilität ist. «Heute konzentriert man sich stark auf Verbrauchs- und Emissionsdaten während des Fahrens. In Zukunft wird der gesamte Zyklus von der Fahrzeugherstellung bis hin zu Recycling und stofflicher Wiederverwertung relevant sein.» Dies nicht nur für die Autohersteller, sondern auch für Abnehmer wie Mobility, welche ihre Flotte komplett auf E-Autos umstelle und bis 2040 klimaneutral werden wolle. «Es ist jede Anstrengung zu begrüssen, die Elektromobilität noch nachhaltiger macht», schlussfolgert der Experte.

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