Gleich vorweg: Wer die Zeit hinter dem Steuer möglichst gering halten will, ist mit diesem Roadtrip nicht optimal bedient. Das Bergell liegt nun mal etwas abseits, da muss man erst mal hinkommen. Zudem überfährt man mit Julier, Maloja und Splügen nicht weniger als drei Pässe (siehe Kastenbeiträge). Insgesamt rund vier bis fünf Stunden verbringt man im Auto, entsprechend komfortabel sollte das Fahrzeug sein, das man für diesen Roadtrip wählt. Wer sich für ein Elektro-Auto entscheidet, findet hier Ladestationen.
Etappe 1: Chur – Julierpass – Silvaplana
Von Chur geht’s los in Richtung Süden – via Churwalden, Lenzerheide-Valbella und Vaz erreicht man nach etwas über einer halben Stunde die Gemeinde Albula/Alvra, die 2015 durch die Fusion sieben eigenständiger Gemeinden entstand. Eine davon ist Tiefencastel, wo der Aufstieg zum Julierpass beginnt.
Keinesfalls auslassen sollte man den Julierturm. Der Origen Theaterturm wurde 2017 auf der Passhöhe erbaut, besteht komplett aus Holz – und wird im August 2023 wieder abgebaut. Im roten Turm finden immer wieder Aufführungen statt, den Spielplan findet Ihr hier.
Auf den eher langen Aufstieg folgt der kurze Abstieg – die Fahrt nach Silvaplana dauert nur gut zehn Minuten. Wenn man schon mal hier ist, kann man die Gelegenheit nutzen und den Windsurfern auf dem Silvaplanersee zusehen, während man einen Kaffee oder Tee geniesst. Dass der Bergsee zum Surfer-Mekka wurde, ist dem Malojawind zu verdanken. Und genau dieser Maloja ist dann auch das nächste Ziel. Von Maloja aus sticht zudem die höchste Schifffahrtslinie der Schweiz in See – allerdings erst wieder im Frühling 23.
In Maloja gibt es mehrere Hotels, am geschichtsträchtigsten ist zweifellos das Maloja Kulm, dessen Ursprünge bis ins Jahr 1500 zurückreichen. Wer am ersten Tag noch etwas weiterfahren will, überquert den Malojapass gleichentags und übernachtet im Bergell.
Etappe 2: Silvaplana – Malojapass – Bregaglia – Chiavenna
Die Geschichte des Maloja ist nicht minder interessant. Zudem eignet er sich bestens, um auf der Passhöhe ein Picknick zu geniessen.
Frisch gestärkt nähern wir uns dem eigentlichen Ziel der Reise, dem Bergell. Die Geschichte des Tals ist eng verbunden mit Alberto und Augusto Giacometti, bedeutenden Malern bzw. Bildhauern der Schweiz. Ihre Werke sind unter anderem in den Kirchen von Borgonovo und Coltura zu bestaunen, auch die zahlreichen anderen Kirchen im Bergell sind einen Besuch wert. Wer vor dem 20. bzw. 23. Oktober anreist, kann sich dem Thema Kunst noch vertiefter annehmen: entweder im Palazzo Castelmur in Coltura, der das historische Archiv des Bergells beheimatet, und/oder der Sonderausstellung im Centro Giacometti anlässlich des 75. Todestages von Alberto Giacometti.
Bekannt ist das Bergell für seine Natur und seine Wälder, insbesondere die Kastanienhaine. Einer der grössten gepflegten ganz Europas findet sich zwischen Soglio, Bondo und Castasegna. Auch hier lohnt sich der Besuch vor dem 23. Oktober, denn bis zu diesem Datum dauert das Kastanienfestival, das täglich mit verschiedenen Veranstaltungen lockt. Ein weiterer Höhepunkt ist der Abstecher nach Soglio, auf die Sonnenterrasse des Bergells. Aus den engen Dorfgassen öffnet sich der spektakuläre Blick auf die Sciora-Gruppe, den Piz Cengalo und den Piz Badile.
In Soglio bieten sich ebenfalls Übernachtungsmöglichkeiten, zum Beispiel im Palazzo Salis, wo auch Augusto Giacometti genächtigt hat.
Etappe 3: Chiavenna – Splügenpass – Thusis – Chur
Um Augusto Giacometti zu verstehen, muss man die Landschaften des Bergell erlebt haben, sagt man im Tal. Genau das ist der Plan für den zweiten Tag. Dazu muss man allenfalls wieder ein paar Kilometer zurückfahren und die Grenze überqueren. Eine Auswahl der möglichen Wanderungen ist hier zu finden.
Alternativ bietet sich der Besuch der Art Safiental Biennale an – auch hier ist der 23. Oktober der Stichtag. Dabei handelt es sich um eine im Zweijahresrhythmus stattfindende Ausstellung im Safiental. Das Thema der diesjährigen Ausgabe ist «Learning from Earth» und beinhaltet 15 Kunstwerke, die sich den verschiedenen Krisen widmen, die Menschen auf dem Planeten Erde verursachen. Um ins Safiental zu gelangen, muss man zuerst den nicht ganz kurzen Weg nach Bonaduz auf sich nehmen. Immerhin kommt man so in den Genuss des dritten und letzten Passes dieser Rundfahrt: dem Splügen (siehe Kasten).
Bemerkungen