1500 Sonderlösungen auf dem Weg zu einer emissionsfreien Mobilität

Mindestens ein halbes Jahr: So lange dauert es, bis Mobility einen Parkplatz elektrifizieren und in Betrieb nehmen kann. Die technische Umsetzung ist dabei die kleinste Herausforderung.

Text   Daniel Schriber

17.11.2023

  • Mobility

Bis 2030 will Mobility die gesamte Fahrzeugflotte elektrifiziert haben. Das sind 3'000 Fahrzeuge verteilt auf 1'500 Standorte. Schon heute haben die Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, in der ganzen Schweiz E-Fahrzeuge zu mieten. Und die Zahl nimmt laufend zu: «Bald werden wir den 500. Elektro-Standort in Betrieb nehmen», kündigt Pascal Barth an. Der 34-jährige Elektroingenieur ist bei Mobility für die Organisation und Umsetzung der Ladeinfrastruktur zuständig. Bei 1'500 Standorten kein einfacher Job. «Die Umstellung der bestehenden Infrastruktur ist eine Herkulesaufgabe.» 

Viel Erfahrung mit Carsharing, aber…

Um die ambitionierten Ziele zu erreichen, hat Mobility nicht zuletzt ins eigene Personal investiert. «Wir verfügen über grosse Erfahrung im Carsharing, aber noch wenig im Bereich der E-Mobilität», sagt Barth. Dies ändere sich aber fortlaufend. In den letzten Jahren hat die Genossenschaft mehrere Elektrospezialisten rekrutiert, zudem werden die Gebietsverantwortlichen und andere Mitarbeitende geschult. 

Mit ins Boot holen will Mobility aber nicht nur das eigene Personal, sondern auch die Vermieterinnen und die Eigentümer der Parkplätze. «Die Umrüstung ist insbesondere deshalb anspruchsvoll, weil die Parkplätze nicht uns gehören. Wir sind überall nur Mieter», erklärt Barth. Mobility kann also nicht selber entscheiden, ob und wann ein Standort umgerüstet wird. «Bei diesem Vorhaben sind wir auf den Goodwill der Eigentümer angewiesen.» Und diesen muss sich Mobility oftmals erarbeiten. Der Hauptgrund: Genauso wie Mobility viel Geld in die neue E-Flotte investiert, gibt es auch die Parkplatzumrüstung nicht gratis. Die Kosten pro Standort variieren zwischen 700 und 20'000 Franken. Geld, das in aller Regel von der Eigentümerschaft investiert oder zumindest mitfinanziert werden muss.

Ein halbes Jahr pro Parkplatz

Insgesamt führt Mobility in den kommenden Jahren Verhandlungen mit rund 1'000 Vermieterinnen und Vermietern. Dabei handelt es sich entweder um private oder um juristische Personen. «Vom staatlichen Unternehmen bis zur Einfamilienhausbesitzerin ist alles dabei», sagt Barth. Oder anders: «Wir haben 1'500 Standorte – und damit 1'500 Sonderlösungen.» Im Vergleich zu einem herkömmlichen Parkplatz gestaltet sich die Realisierung eines Elektrostandorts deshalb ungleich komplizierter und aufwändiger. Das zeigt sich nicht zuletzt auch im zeitlichen Auwfand, den Mobility in die Parkplatz-Gewinnung investiert. Bei einem fossilen Parkplatz vergingen vom Erstkontakt mit dem Vermieter bis zur Anlieferung des Mobility-Fahrzeugs in der Regel vier Wochen. Für einen Elektroparkplatz rechnet Mobility aktuell mit einem zeitlichen Aufwand von mindestens einem halben Jahr – also rund sechsmal mehr.

Die Technik ist die kleinste Herausforderung

«Manche Vertragspartner sind sehr offen und motiviert für die Elektrifizierung ihrer Parkplätze. Andere sind eher zurückhaltend», weiss Barth. Das sei verständlich, denn schliesslich sei die Umrüstung auch für die Eigentümerinnen und Eigentümer mit gewissen Aufwendungen verbunden. Ist sich Mobility mit dem Vermieter einig, stehen verschiedene Investitionen an: Dazu gehört zum Beispiel die Beschaffung der Ladestation sowie die Installation und Inbetriebnahme der Ladeinfrastruktur. Üblicherweise stellt der Standorteigentümer den Netzanschluss zur Verfügung, während Mobility die Ladestation installiert. «Dabei sind wir stets darum bemüht, die Umrüstung so günstig wie möglich umzusetzen», so Barth. Ideal sei, wenn sich der Parkplatz in der Nähe eines Gebäudes befindet. «Dann können wir die bestehenden Ausgänge nutzen, um die Energie anzuzapfen.» Technisch sei dies keine grosse Sache. «Ein Kabel zu ziehen und anschliessend eine Ladestation dranzuhängen, geht relativ schnell.» Die Herausforderungen bezüglich der Finanzierung sowie im Bereich des Mikroprojektmanagements seien wesentlich grösser. Immerhin: Der Wartungsaufwand eines Elektroparkplatzes hält sich in Grenzen. «Wir machen einmal im Jahr eine Minimalwartung. Zudem müssen elektrische Anlagen, die im öffentlichen Raum stehen, alle fünf bis zehn Jahre einer umfassenden Kontrolle unterzogen werden.»

Fahrzeuge elektrisch laden bei Mobility

«An unserem Ziel gibt es nichts zu rütteln»

Wurden in den vergangenen drei Jahren jeweils zwischen 100 und 200 Parkplätzen pro Jahr umgerüstet, soll die Kurve in den kommenden Jahren stark ansteigen (siehe Grafik). «Im Moment sind wir noch in der Aufbauphase, aber ab dem kommenden Jahr können wir voll beschleunigen», betont Barth. «Aktuell konzentrieren wir uns auf die grössten und am stärksten frequentierten Standorte.»

Fahrplan der Parkplatz-Umrüstung
Fahrplan der Parkplatz-Umrüstung

Ob Mobility sein grosses Ziel erreicht, hängt nicht nur von den Vermietern und den Eigentümerinnen der Parkplätze ab, sondern auch von den politischen Rahmenbedingungen. «Dass der Bundesrat den Ausbau von Ladeanlagen in den kommenden Jahren mit 180 Millionen Franken fördern will, begrüssen wir natürlich sehr.» Barth hofft, dass sich künftig auch die Gemeinden und Städte (noch) mehr mit dem Thema befassen. Auch wenn die Herausforderungen bezüglich der Elektrifizierung gross sind, betont Barth: «Wir halten an unserem Ziel fest. Bis 2030 wollen wir unsere Fahrzeugflotte dekarbonisiert haben – dafür setzen wir uns jeden Tag mit ganz viel Herzblut ein.»

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